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Thelma Estrin

Thelma Estrin ist eine der Pionierinnen bei der Verbindung biomedizinischer und informationstechnischer Forschungen. Sie erkannte früh, dass Konzepte unterschiedlicher Disziplinen zusammengebracht werden mussten, um wichtige Probleme der Gesundheitswissenschaften und der Medizinforschung zu lösen. Im Laufe ihrer wissenschaftlichen Arbeiten verknüpfte die inzwischen emeritierte Informatikprofessorin Anatomie, Physiologie und Neurologie mit Erkenntnissen aus der Elektrotechnik und der Informatik.

Typisch für ihre Generation erlebte sie den zweiten Weltkrieg als Maschinistin, später Technikerin in einer New Yorker Radiogerätefabrik. Nach dem Krieg zog sie zusammen mit ihrem Ehemann Gerald Estrin an die University of Wisconsin, wo beide Elektrotechnik studierten. Wie viele der Mitstudierenden wollte sie promovieren, doch ihre Betreuer nahmen dies nicht ernst und sie erhielt keine Assistentinnenstelle. Dennoch stellte sie bis 1951 ihre Doktorarbeit fertig, die aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen ein Jahr länger als üblich gedauert hatte.

Als ihr Mann eine Stelle am berühmten Institute for Advanced Studies erhielt, zogen beide nach Philadelphia. Thelma Estrin konnte nur mit Schwierigkeiten eine Stelle finden. Sie musste schließlich eine tägliche Fahrzeit zwischen Wohnung und Arbeit von vier Stunden in Kauf nehmen, um als Biomedizin-Ingenieurin im einem New Yorker Hirnforschungsinstitut arbeiten zu können. Dort bereitete sie in ihren Forschungen den Einsatz von Computern für viele medizinische Fragestellungen vor: sie entwarf und implementierte das erste System zu Analog-Digital-Wandlung der elektrischen Aktivitäten des menschlichen Nervensystems. Später veröffentlichte sie Untersuchungen, um das Gehirn mit Hilfe von Computern darzustellen.

Ab 1954 arbeitete sie zusammen mit ihrem Mann mehrere Jahre an der Entwicklung der ersten israelischen Großrechnenanlage WEIZAC (WEIZmann Automatic Computer) mit, eine dem IAS-Modell entsprechende Anlage. Im Laufe der 50er Jahre wurden ihr große Anstrengungen abverlangt, ihr technisches Interesse kontinuierlich zu verfolgen - sie brachte drei Töchter zu Welt und die Verknüpfung von Beruf und Familie kostete sie "viele Nacht- und frühe Morgenstunden". Die Rückkehr von Israel in die USA führte die Familie nach Kalifornien. Hier baute Thelma Estrin das Rechenzentrum des Hirnforschungsinstituts der University of California in Los Angeles (UCLA) mit auf und leitete es viele Jahre lang. "Ich hatte früh für mich entschieden, dass dies mein beruflicher Weg sein sollte und ließ mich nicht durch Leute davon abbringen, die dies damals nur belächelten" sagt sie im Rückblick.

Sie forschte und veröffentlichte intensiv zum Computereinsatz im Gesundheitswesen. Später übernahm sie eine Informatikprofessur an der UCLA, wo sie inzwischen emeritiert ist. 1977 wurde sie Präsidentin der IEEE-Fachgesellschaft für Medizin und Biologie, im Jahre 1981 die erste Vizepräsidentin der IEEE (The Institute of Electrical and Electronics Engineers ist der weltgrößte technik-wissenschaftliche Verband). Thelma Estrin beriet Firmen und Regierungsstellen und erhielt zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen.

Ihr aktuelles Interesse betrifft die Frauen- und Geschlechterforschung in der Entwicklung und Praxis der Informatik, u.a. engagiert sie sich im Women´s Committee der IEEE. Die drei Töchter sind den Interessen ihrer Mutter (und ihres Vaters) gefolgt: Margo ist Ärztin, Judith machte Karriere in der Computerindustrie und leitet äußerst erfolgreich eigene Firmen, Deborah ist Informatikprofessorin an der University of Southern California.